Arno Holz (1863-1929)
Erste Lerche
Zwischen
Gräben und grauen Hecken,
den Rockkragen hoch,
beide Hände in den Taschen,
schlendere ich
durch den frühen
Märzmorgen.
Falbes Gras,
blinkende Lachen und schwarzes Brachland,
so weit ich sehen kann.
Dazwischen,
mitten in den weißen Horizont hinein,
wie erstarrt,
eine Weidenreihe.
Ich bleibe stehen.
Nirgends ein Laut. Noch nirgends Leben.
Nur die Luft und die Landschaft.
Und sonnenlos
wie den Himmel
fühle ich
mein Herz.
Plötzlich - ein Klang!
Ein zager, zarter zitternder Jubel,
der,
langsam,
immer höher
steigt!
Ich suche in den Wolken.
Über mir,
wirbelnd, schwindend, flatterdrehig, flügelselig, kaum entdeckbar,
pünktchenschwarz,
schmetternd,
durch
immer heller strömendes Licht,
die
erste Lerche!
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Helene Branco (1816-1894)
Zauberer Frühling
Zaub'rer Frühling kommt in Lüften,
In der goldnen Strahlen Tracht,
Malt in Farben, haucht in Düften,
Schmückt die Flur in luft'ger Pracht.
Sieh, wie lohen, sieh, wie flammen
Hier die Grunde, dort die Flur,
In ein einzig Grün zusammen
Blüht erwachend die Natur.
Maienglöckchens Brautgelaute
Steht in seinem reichen Sold,
Wonnereigen füllt die weite
Flur im Grün und Sonnengold.
Kleine Sänger, die Gespielen
An der Rose holdem Thron,
Schlagen an mit seel'gem Fühlen
Neue Lust im Liebeston.
Bunte Schmetterlinge schweben
Wie in einer Wunderwelt,
Blumen sich beflügelt heben
Von der Luft emporgeschnellt.
Im melod'schen Zuge wallen
Goldne Bienen durch die Luft,
Silberweiße Flöckchen fallen
Leicht in's Grün wie Nebelduft.
Aus der Sonne goldnen Strahlen
Webt der Zaub'rer Frühling Licht,
Falter, Lüfte, Blümchen malen
Frühlingsgöttlich Traumgesicht.
Friedrich Rückert (1788-1866)
An den Lenz
Schmücke doch, du Hand des Lenzen,
Schmücke diese Fluren doch,
Daß ich sie zuletzt erglänzen
Seh' in vollem Glanze noch.
Daß, wenn ich einst einsam weine,
Aus der Ferne dein Gefild'
Tröstlich lächelnd mir erscheine,
Nicht ein starrend Winterbild.
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