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Frühlingsgedichte klassischer Autoren

Klassische Gedichte zur Frühlingszeit

Frühblüher Schneeglöckchen und Krokus
Foto: pixabay.com

Ludwig Uhland (1787-1847)
Lob des Frühlings

Saatengrün, Veilchenduft, 
Lerchenwirbel, Amselschlag, 
Sonnenregen, linde Luft!

Wenn ich solche Worte singe, 
braucht es dann noch großer Dinge, 
Dich zu preisen, Frühlingstag? 

Klassische Frühlingsgedichte von A - Z

Abendlich tönet Gesang
Wolfgang Borchert

Alle Birken grünen
Hermann Löns

An den Frühling
Friedrich Schiller

An einem Frühlingsmorgen
Betty Paoli

An einem mondhellen Abend
Johanne Juliane Schubert

An einen alten Stamm
Ludwig August Frankl-Hochwart

April
Martin Greif(Friedr. Hermann Frey)

April spricht Geistersprache
Max Dauthendey

Aprilwetter
Martin Greif(Friedr. Hermann Frey)

Bäche zittern silber
Max Dauthendey

Blüten
Bruno Ertler

Blütenzeit
Hermann Rollett

Der Frühling
Friedrich Hölderlin

Der Frühling
Alfons Petzold

Der Frühling hat sich eingestellt
A. H. Hoffmann von Fallersleben

Der Frühlingsmorgen im Freien
Peter Zirbes

Der Frühlingskasper
Richard Dehmel

Der Herbst, der war mir lieber
Sidonie Grünwald-Zerkowitz

Der Jasminstrauch
Friedrich Rückert

Der Lenz ist da!
Kurt Tucholsky

Der Morgen
Karoline Rudolphi

Des Kranken Frühling
Elisabeth Josephson

Die Amseln haben Sonne ...
Max Dauthendey

Die Baumstämme werden ...
Max Dauthendey

Ein Frühlingswind
Rainer Maria Rilke

Flieder
Karl Kraus

Frühling
Bruno Ertler

Frühling
Cäsar Flaischlen

Frühling
Karl Ernst Knodt

Frühling
Else Lasker-Schüler

Frühling
Selma Meerbaum-Eisinger

Frühling
Erich Mühsam

Frühling
Adolf Pichler

Frühling
Hermann Rollett

Frühling
Heinrich Seidel

Frühling(2)
Heinrich Seidel

Frühling
Kurt Tucholsky

Frühling der Liebe
Julius Sturm

Frühling im Wald
Christian Wagner

Frühling ist wiedergekommen
Rainer Maria Rilke

Frühlingsabend
Victor Blüthgen

Frühlingsabschied
Hermann von Lingg

Frühlingsfahrt
Frieda Jung

Frühlingsglaube
Ludwig Uhland

Frühlingsgruß
Johann Nepomuk Vogl

Frühlingsleben
Helene Branco

Frühlingslied
Isolde Kurz

Frühlingsnacht
Maria Janitschek

Frühlingsnacht
John Henry Mackay

Frühlingspaffen
Max Haushofer Jr.

Frühlingsruf
Peter Zirbes

Frühlingstag
Otto Baisch

Frühlingstag
Richard Koppin

Frühlingswünsche
Johann Nepomuk Vogl

Frühlingszauber
Arno Holz

Ich hör ein Vöglein
Adolf Böttger

Ich möchte still am Wege stehn
Cäsar Flaischlen

Ich sage euch
Jean Paul

Im April
Emanuel Geibel

Im Frühling
Stephan von Millenkovich

In den duftenden Frühling ...
Auguste Kurs

Kein Frühling mehr
Luise Hensel

Lenzesgabe
Robert Hamerling

Lenzeszwang
Robert Hamerling

Lenzgefühl
Johann Nepomuk Vogl

Lenzlied
Richard O. Koppin

Lied des Sämanns
Reinhold Fuchs

Lob des Frühlings
Ludwig Uhland

Milde Tage
Max Haushofer

Morgen im Frühling
Waldemar Bonsels

Nicht! Noch nicht!
Kurt Tucholsky

Nordischer Frühling
Francisca Stoecklin

O Frühling
Else Galen-Gube

Ob sich wohl ein Lenzlied lohnt?
Theobald Nöthig

Sonnenkraft
Cäsar Flaischlen

Technischer Frühling
Pater Hammerschlag

Vertraut
Wilhelm Busch

Von allen Zweigen
Ricarda Huch

Waldes Maienahnen
Wilhelm Pillmann

Was der Frühling alles tun muss
Frantisek Halas

Weltlenz
Max Haushofer Jr.

Wenn ich der Tauwind wär
Theobald Nöthig

Wiesengang
Richard O. Koppin

 

 

Helene Branco (1816-1894)
Frühlingsleben

Dunkelnde Felder,
Dunkelnde Wälder
Blitzen und leuchten im perlenden Thau.
Gaukelnde Weste
Schaukeln die Äste,
Wiegen sich selig in blühender Au.
Moosige Matten,
Rosige Schatten
Locken den Wandrer zum laubigen Dach.
Fliehende Kähne,
Ziehende Schwäne
Gleiten hinunter den rauschenden Bach.
Flüsternde Quellen,
Lüsterne Wellen
Netzen der Bäume bemoosten Fuß.
Klingende Lieder
Dringen hernieder,
Bringen und singen uns freundlichen Gruß.

Wilhelm Busch (1832-1908)
Vertraut

Wie liegt die Welt so frisch und tauig
Vor mir im Morgensonnenschein.
Entzückt vom hohen Hügel schau ich
Ins frühlingsgrüne Tal hinein.

Mit allen Kreaturen bin ich
In schönster Seelenharmonie.
Wir sind verwandt, ich fühl es innig,
Und eben darum lieb ich sie.

Und wird auch mal der Himmel grauer;
Wer voll Vertraun die Welt besieht,
Den freut es, wenn ein Regenschauer
Mit Sturm und Blitz vorüberzieht.

Stephan von Millenkovich 1836 - 1915
Im Frühling

O Sonne, die Du milde scheinst,
Ergießend Deines Lichtes Flut,
Wofern Du’s liebend ernst nicht meinst,
So halte noch zurück die Glut.

O schmeichle nicht mit Deinem Strahl,
Der allwärts Leben wecken muss,
So mächtig über Berg und Tal,
Betöre nicht mit Deinem Kuss.

Schon reget sich der Erde Kraft,
Die todesmatt geschlummert lang,
Und alles schwillt in frischem Saft
Und alles füllt ein tiefer Drang.

Wofern ein Frost noch kommen soll,
So halte Du bei Zeiten ein,
Und spende nicht so reich, so voll,
Wie süß erquickend auch Dein Schein.

Zu spät! Du kannst nicht mehr zurück -
O sieh, vor Deines Blicks Gewalt
Grünt alles schon im Lenzesglück
Und Knospen springen tausendfalt.

Frantisek Halas (1901-1949)
Was der Frühling alles tun muss

Erst die Sonne höher heben,
dann die Gräser grün anstreichen,
allen, die auf Erden leben,
brüderlich die Hände reichen,

Schlangen häuten, Schatten schwärzen,
Felder kämmen, auch die Wiesen,
sorgen, dass Kastanienkerzen
brennen, Weidenruten schießen,

für die Vögel Noten schreiben
und die Rosenblätter zählen,
mit den Kindern Unfug treiben,
Wäldern neue Farben wählen,

Käfern ihre Panzer putzen,
Zäunen guten Morgen sagen,
Tau als Schmuck für Gras benutzen,
Licht in Mauselöcher tragen,

weil die Bienen gern was hätten,
Honig in die Blüten stecken,
alle Katzenfelle glätten - 
und die Kinder morgens wecken!

Ja der Frühling hat zu tun,
und was machen wir denn nun?

Hermann von Lingg 1820 - 1905
Frühlingsabschied

Wie blitzen im Tau die Blumen,
Wie hell die Sonne scheint!
Es haben Nachts die Sterne
So goldene Tränen geweint.

Was mochte sie betrüben
So tief und insgeheim?
Es zog im Sturm vorüber
Der Frühling wieder heim.

Drum lächeln auch die Rosen
Vor Liebe und Verdruß;
Noch bebt um ihre Lippen
Des Frühlings Abschiedkuß.

Heinrich Seidel (1842-1906)
Frühling

O wie schnell bist du gekommen,
Hast die Welt du hingenommen,
Neuer Klang, und neuer Duft!
Alter, schöner Zeiten Mahnung,
Neuen Glückes holde Ahnung
Schwebt nun in der sanften Luft.

Welch ein Grünen nah und ferne,
Welche Fälle goldner Sterne,
Welch ein Blühn an Busch und Baum.’
Bienensummen in den Düften,
Lerchenklang aus hohen Lüften!
Und ich wandle wie im Traum

Schöne Tage, die entschwunden,
Ach, ihr holden Frühlingsstunden,
O, wie liegt ihr doch so weit!
Seid ihr ewig mir genommen?
Werdet ihr nicht wiederkommen
Nun in dieser goldnen Zeit?!


Frühlingsbild mit roter Tulpe
Bild: pixabay.com

Heinrich Seidel (1842-1906)
Frühling (2)

Was rauschet, was rieselt, was rinnet so schnell?
Was blitzt in der Sonne? was schimmert so hell?
Und als ich so fragte, da murmelt' der Bach:
"Der Frühling, der Frühling, der Frühling ist wach!"

Was knospet, was keimet, was duftet so lind?
Was grünet so fröhlich? Was flüstert im Wind?
Und als ich so fragte, da rauscht' es im Hain:
"Der Frühling, der Frühling, der Frühling zieht ein!"

Was klinget, was klaget, was flötet so klar?
Was jauchzet, was jubelt so wunderbar?
Und als ich so fragte, die Nachtigall schlug:
"Der Frühling, der Frühling!" - Da wußt' ich genug!

Max Dauthendey (1867-1918)
Die Baumstämme werden ...

Die Baumstämme werden wie Menschen jetzt warm,
Sie nehmen den Sonnenschein gern in den Arm.
Der Schnee rund um den Stamm entweicht,
Soweit des Baumes Wurzel reicht.
Die Schneeglocken hocken da rund in Scharen
Begrüßt von den Staren.
Auf graslosem Boden blaß Keim bei Keim,
Beim kahlen Baum duftet's nach Honigseim,
Es duftet nach Liebe, dem Frost entronnen,
Erste Blüte und letzter Schnee sich dort sonnen.

Max Haushofer Jr. (1840 - 1907)
Frühlingspaffen

Viel vom Lenze hört' ich sagen
Und von seiner linden Pracht
Und von wunderlieben Tagen,
Tagen ohne Frost und Nacht;
Dumme kleine Schmetterlinge
Schütteln ab den Wintertraum
Und es wächst in jedem Dinge
Junge Dummheit wie ein Baum.

Ach du trauter Lenz, du holder!
Gärtner in der Erdenau,
Unbezahlter Weltvergolder
Lachst aus jedem Tröpflein Thau!
Wolken, Wälder, graue Haiden,
Grüne Wässer, blaue Höh'n.
Junge Dummheit — alte Leiden —
Gott, was ist die Welt so schön!

Max Dauthendey (1867-1918)
April spricht Geistersprache

April spricht Geistersprache.
Wie ein Vergoldermeister
Sitzt er am Nachbardache,
Spritzt Goldschaum auf Taube und Tauber,
Beklebt die Zimmer lichtsauber,
Belebt die Fenstergardinen,
Den Staub auf alten Tischen,
Vergoldet Falten und Mienen,
Sein Zauber will nie mehr verwischen.
Auf meinen Stühlen sitzt still,
Ich seh' ihn mit blumigen Gliedern,
Ein Geist von Liebesliedern,
Der dreist erlöst sein will.

Robert Hamerling (1830 - 1889)
Lenzesgabe

Mit seinem Füllhorn kam der Lenz gezogen,
Und Lieblichstes ward links und rechts entsendet.
Glanz ward dem See, dem Strome zugewendet,
Und Klang den Vöglein, die da lustig flogen.

Duft ward den Blumen, d'ran die Bienen sogen,
Azur dem Himmel, Grün dem Hain gespendet:
Und alsbald war die Fülle ganz verschwendet
An Vögel, Bäume, Blumen, Lüfte, Wogen.

Doch als der Lenz mich sah mit bleichen Wangen,
Da sprach er, gleich, als ob es ihn gereuet,
Daß leer allein der Dichter ausgegangen:

"Hin gab ich, was die Einzelnen erfreuet,
Doch dir nur schenk' ich dies gesammte Prangen,
Dein Herz versammle, was ich rings zerstreuet!"

Max Haushofer Jr. (1840 - 1907)
Weltlenz

Es fährt ein Strahl im Raume hin, im grauen —
Anbetend liegt vor ihm die Welt in Schweigen;
Und feierlicher geht der Sterne Reigen,
Erstarrte Weltsysteme aufzuthauen.

Die Seraphim verwundert niederschauen,
Wie auf am Himmel neue Bilder steigen,
Wie neue Sonnen sich den alten zeigen
Und freudig lärmen durch des Aethers Auen.

Es dröhnt das All, langlange Zeiten tagen,
Die Sterne dehnen sich in öde Weiten
Und auf der Milchstraß' rauscht ein lichter Wagen:

Darinnen fährt der große Lenz der Zeiten,
Nach dem die Völker aller Sterne fragen,
Wenn sie sich lang zerfleischt im blut'gem Streiten!

Friedrich Hölderlin (1770 - 1843)
Der Frühling

Die Sonne glänzt, es blühen die Gefilde,
Die Tage kommen blütenreich und milde,
Der Abend blüht hinzu, und helle Tage gehen
Vom Himmel abwärts, wo die Tag entstehen.

Das Jahr erscheint mit seinen Zeiten
Wie eine Pracht, wo Feste sich verbreiten,
Der Menschen Tätigkeit beginnt mit neuem Ziele,
So sind die Zeichen in der Welt, der Wunder viele.

Robert Hamerling (1830 - 1889)
Lenzeszwang

Frühling ist – die Blumen und die Lieder,
Und die Liebe kehren neu zurück.
Folg' ich, ach, dem süßen Drange wieder?
Wär' nicht Ruhe mir ein schön'res Glück?

Ach! der Lenzlust und Lenzesplage
Bliebe jetzt das Herz auch lieber fern;
Bliebe wie durch all die Wintertage
Still und einsam auch im Lenze gern.

Aber fragt der Lenz, ob Rose blühen,
Oder Lerche wieder singen will?
Du, mein Herz, mußt liebend wieder glühen,
Folge nur dem süßen Drange still!

Karoline Rudolphi (1754 - 1811)
Der Morgen

Verlaßt mich, ihr des Lebens finstre Sorgen,
Verlaßt mich, o er ist erwacht,
Im Frühlingsglanz erwacht, der lichte Morgen;
Enflohn ist das Gewölk' der Nacht.
 
Dort kömmt er her; von dem bekränzten Hügel
Glänzt schon sein erster goldner Strahl:
Und Leben weht von seinem Purpurflügel,
Und frischer Duft ins Blumenthal.
 
Dort kömmt er her; auf seinem lichten Pfade
Begrüßt ihn ein entzücktes Chor;
Die Heerde blöckt am lachenden Gestade
Ihm ihre lauten Freuden vor.
 
O alles singt dem jungen Tag' entgegen,
Und freut des neuen Lebens sich,
Sein Athem haucht der ganzen Schöpfung Segen;
Sein süßer Hauch belebt auch mich.
 
Ich singe den, der in die ewge Stille
Ein Tröpfchen seines Lebens goß.
Ich preise laut der Seligkeiten Fülle,
Die aus dem Tröpfchen Lebens floß.
 
O du, der für der Schöpfung reinste Wonne
So offen dieses Herz gemacht!
Vernimm den Dank, der mit der Morgensonne
In meiner treuen Brust erwacht.
 
Dir töne, dir das erste meiner Lieder,
Der du so väterlich mich liebst;
Sieh gnädig auf mein kleines Opfer nieder;
Ich opfre gern, was du mir giebst.
 
Du gabst mir nicht, was niedre Wünsche stillet,
Nicht Gold; doch gabst du mir Gesang;
Sieh diese Thräne, die mein Auge füllet,
Sieh, Vater, meinen stillen Dank.
 
Erhalte mir die seligen Gefühle,
Erhalte des Geschenks mich werth;
Bewahre mich, daß diesem Saitenspiele
Nie ein entweihter Ton entfährt.
 
Bewahre mich vor Stolz und jedem Fehle,
Gieb, daß mein Lied der Wahrheit treu,
Und, Vater, gieb, daß meine ganze Seele,
Wie mein Gesang, stets Wohllaut sey.
 
Gieb, daß mein Leben, bis zum letzten Schlage
Des Herzens, unschuldvoll verfließt;
Gieb Muth dem Geist, wenn er am großen Tage
Die Morgensterne näher grüßt.

Max Haushofer Jr. (1840 - 1907)
Milde Tage

Es gibt so manche Tage,
Wo recht mit junger Pracht
Wie eine todte Sage
Vergangnes Glück erwacht;
Da kommt für jede Seele
Ein Frühling wunderbar,
Der weckt mit frohem Drange
Das Herz und das, was lange
In ihm begraben war.

Da rührt die goldne Schwinge
Die Königin Poesie;
Da schau`n uns alle Dinge
Mildlächelnd an, wie nie;
Da rauscht es durch das Leben,
Ein heil`ger Weihgesang;
Da zieht das Glück der Treue
Durch Tage sonder Reue
Dahin mit stolzem Gang.

Verdorrte Blumen ranken
Von neuem auf und blüh`n,
Entlaubte Bäume schwanken
Und werden wieder grün;
Die Seele wird zum Tempel,
D`rin eine Gottheit steht;
Die schenkt nach allen Seiten
Ein Meer von Seligkeiten
Und fordert kein Gebet.

Da kehrt allmählig wieder
Vergang`nes Leben ein
Und bringt die alten Lieder,
Den alten Sonnenschein;
Die alten Gedanken schweben
Einher im goldnen Kleid;
Die alten Götter leben,
`s ist jede Schuld vergeben,
Vergessen jedes Leid!

Cäsar Flaischlen (1864 - 1920)
Frühling

Das kannst du nicht zwingen:
daß die Knospen springen,
eh´die Sonne ihnen ihren Mai gebracht!
Aber da, was hinter dir liegt,
dich nicht schreckt mehr und unterkriegt:
was Winter in dir abzustreifen
in aller Stille...und Knospen zu reifen
und dich zum Frühling durchzuringen...
Das kannst du zwingen!

Cäsar Flaischlen (1864 - 1920)
Ich möchte still am Wege stehn

Ich möchte still am Wege stehn
und möcht´es Frühling werden sehn,
ich könnt´noch immer wie ein Kind
bei jeder kleinen Knospe säumen!
Und klänge in den kahlen Bäumen
ein Vogeltriller...ach, ich könnt´,
mir einen langen Sommer träumen
voll Klang und Glanz und Sonnenschein
und glücklich sein!

Ricarda Huch (1864 - 1947)
Von allen Zweigen

Von allen Zweigen perlt der goldne Schaum,
Auf allen Bäumen flammen Blütenbrände,
Unzählbar lacht der Kuckuck durch den Raum.
Frag ich ihn bang nach meines Lebens Ende.

Es blüht und lebt bis an der Erde Saum,
Wird blühn und leben, singt er, ohne Wende,
Als wäre Frühling nicht ein kurzer Traum.
Auch du bist ewig! Spare nicht, verschwende!

Auguste Kurs (1815 - 1892)
In den duftenden Frühling will ich hinaus

In den duftenden Frühling will ich hinaus,
Hinweg aus dem kalten, beengenden Haus
In die freie verlockende Weite.
Was soll mir der Bücher verdrießlicher Kram,
Die ich immer und immer vergeblicher nahm,
Ich werfe sie freudig zur Seite.

Denn find' ich nicht draußen der Blätter genug?
Da schimmert geheimnißvoll jeglicher Zug
Von des Ewigen eigenen Händen -
Das wieget die übrigen Lettern wohl auf,
So will ich denn auch in geflügeltem Lauf
Von dem einen zum andern mich wenden.

Da bin ich nun draußen und blicke umher,
Wie wird das Studieren schon wieder mir schwer
Hier unter den blühenden Bäumen!
Sie senden schon Blüte auf Blüte mir zu,
So will ich hier rasten in seliger Ruh',
Und will nur genießen und träumen.

Johanne Juliane Schubert (1776 - 1864)
An einem mondhellen Abend

Wie freundlich steigt der Mond herauf
Am fernen Himmelsrande;
Du lieber Mond, sey mir gegrüßt
In deinem Lichtgewande;
 
Wie bist du, o Natur! so schön
Am heitern Frühlingsabend;
Du kühler, mondbeglänzter Hain,
Wie still, wie süß und labend!
 
Hier will ich noch, dich Freundliche,
Voll hoher Lust genießen,
Eh' sich mein Auge soll zur Ruh
Und süßem Schlummer schließen.
 
Hier, vom Geräusch der Welt entfernt,
Fühl' ich des Himmels Frieden,
Und lasse jedem gern sein Glück,
Das ihm zum Loos beschieden.
 
Froh preis' ich dich, du guter Gott!
Dich, aller Freuden Quelle;
Durch dich ist mir der dunkle Pfad
Durchs Leben leicht und helle.
 
Nie will ich ohne Dankgefühl,
Allliebender! dich nennen;
Und bis ich Staub bin, soll mein Herz
Zu dir voll Liebe brennen.

Sidonie Grünwald-Zerkowitz (1852 - 1907)
Der Herbst, der war mir lieber

Der Herbst, der war mir lieber
Als dieser Lenz mir ist!
Das Herz ging so uns über,
Daß wir uns wund geküßt!
 
Auf jedem stillen Steige
Blieben wir küssend stehn -
Strich Herbst auch durch die Zweige,
Durchs Herz ging Frühlingswehn! -
 
Wir wanderten umschlungen
Durch Auen im Mondenschein
Und hatten im Herbst gedungen
Den Mai - für uns allein! ....

Maria Janitschek (1859 - 1927)
Frühlingsnacht

Auf den stillen Feldern träumt das Mondlicht
seinen weißen Traum und küßt die Blumen,
bis sie blaß und blässer werden. Silbern
glänzt der Teich im Tann; wie schneeige Schleier,
die versteckte Nixen von sich streifen,
blitzts auf seiner spiegelklaren Fläche.
 
Weiße Rauche dampfen aus den Thalen,
wo der Armut Hütten lichtverklärt sind
und vertraute Grüße lautlos wechseln
mit des kleinen Kirchhofs niedern Kreuzen ..
 
Weißer Friede, weißer weicher Friede ...

Francisca Stoecklin (1894 - 1931)
Nordischer Frühling

Noch liegt
an verschwiegenen Waldesstellen
längst gefallener Schnee,
wie eine glitzernde Decke
über den weißen,
wartenden Glöckchen.
In der Lichtung,
wo die Sonne
ihren Überfluß schenkt,
lächelt und lebt es
von Goldprimeln, tiefblauen Sternen,
und jungem, bebendem Grün.
- Und der Duft des Seidelbastes
berauscht dich
wie ein Becher Liebestrank.

Ludwig Uhland (1787 - 1862)
Frühlingsglaube

Die linden Lüfte sind erwacht,
Sie säuseln und wehen Tag und Nacht,
Sie schaffen an allen Enden.
O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun, armes Herze, sei nicht bang!
Nun muss sich alles, alles wenden.

Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
Man weiß nicht, was noch werden mag,
Das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste Tal:
Nun armes Herz, vergiss der Qual!
Nun muss sich alles, alles wenden.

Karl Kraus (1874 - 1936)
Flieder

Nun weiß ich doch, 's ist Frühling wieder.
Ich sah es nicht vor so viel Nacht
und lange hatt' ich's nicht gedacht.
Nun merk' ich erst, schon blüht der Flieder.

Wie fand ich das Geheimnis wieder?
Man hatte mich darum gebracht.
Was hat die Welt aus uns gemacht!
Ich dreh' mich um, da blüht der Flieder.

Und danke Gott, er schuf mich wieder,
indem er wiederschuf die Pracht.
Sie anzuschauen aufgewacht,
so bleib' ich stehn. Noch blüht der Flieder.

Betty Paoli (1814 - 1894)
An einem Frühlingsmorgen

Mir hat die Nacht nicht Schlummer,
Erquickung nicht gebracht!
Allein mit meinem Kummer
Hab' ich sie still durchwacht.
 
Gottlob! nun seh' ich blinken
Des Morgens dämmernd Grau,
Und alle Blumen trinken
Den milden Segensthau.
 
Es wenden meine Blicke
Sich hoffend himmelwärts -
Mit deinem Thau erquicke,
O Herr! auch dieses Herz.
 

Victor Blüthgen(1844 - 1920)
Frühlingsabend

Wenn die Sonne untergeht,
Wird es still im Garten.
Wind, der über Tag geweht,
Denkt: Jetzt will ich warten.

Vogel, der zu Neste ging,
Duckt das Köpfchen nieder:
Fliegt ein dunkler Schmetterling
Heimlich um den Flieder.

Gehn die Kinder all zur Ruh,
Wilden wie die braven,
Guckt der Mond vom Himmel zu,
Spricht: Nun sollt ihr schlafen.

Singt wohl eine Nachtigall
In die Blütenbäume -
Weht ein süßer Widerhall
Durch die Kinderträume.

Luise Hensel (17989 - 1876)
Kein Frühling mehr

Es sitzt in trauter Zelle
Am Fenster ein Mägdlein bleich
Und schaut hinab in die Welle,
Da rollen zwei Perlen helle
Wohl in das Wasser gleich.
 
Sie hört eine Flöte von weitem,
Sie blickt auf Schilf und Rohr;
Da keimen verlorene Freuden,
Da sprossen vergessene Leiden
Ihr frisch im Herzen empor.
 
»Die Welle rinnt und schäumet,
Grün Laub schmückt wieder den Baum.
Ach, Frühling, hast lange gesäumet!
Nur ist mir, als hätt' ich geträumet
Ein'n langen, schweren Traum.
 
»Ich weiß, der Lenz schwebt nieder,
Ich weiß wohl: es ist Mai;
Doch kehren dieselben Lieder,
Dieselben Blumen nicht wieder;
Ist alles anders und neu.«

Arno Holz (1863 - 1929)
Frühlingszauber

Nun muß sich wieder alles wenden,
Ich fühl's an meines Herzens Schlag,
Und schöner wird's an allen Enden
Und lieblicher mit jedem Tag.

Die Liebe schnürt ihr rothes Mieder,
Der Armuth schmeckt ihr trocknes Brod
Und süß klingt's nächtlich aus dem Flieder:
Im Frühling lächelt selbst der Tod!

 

Julius Sturm 1816 - 1896
Frühling der Liebe

Rosen, die die Luft mit Düften würzen,
Halme, die im Wind sich flüsternd neigen,
Quellen, die ins Tal sich rauschend stürzen,
Lerchen, die zum Himmel jubelnd steigen,
Junge Herzen, reich an Liebeswonne,
Über allen hoch die Frühlingssonne:
Tretet ein, geöffnet sind die Pforten,
Und ein Paradies ist aller Orten!

Adolf Böttger (1815 - 1870)
Ich hör ein Vöglein

Ich hör’ ein Vöglein locken,
Das wirbt so süß, das wirbt so laut,
Beim Duft der Blumenglocken
Um die geliebte Braut.

Und aus dem blauen Flieder
Singt ohne Rast und ohne Ruh
Millionen Liebeslieder,
Die holde Braut ihm zu.—

Ich hör’ ein leises Klagen,
So liebesbang, so seelenvoll —
Was mag die Stimme fragen,
Die in dem Wind verscholl?

 

Richard Koppin 1879 -1939
Frühlingstag

Es flog der blaue Frühlingstag
durch Heideland und Hügel,
voll Goldglanzglück die Sonne lag
auf seinem Falterflügel.

Den schlug er, ach, so lenzesleis,
daß, wo er immer schwebte,
die Welt ringsum in weitem Kreis
vor Wonnelust erbebte.

Er flog und flog viel Stunden lang,
trank Duft aus süßem Flieder,
bis er, rauschmüdeselig, sank
der Dämm'rung still ans Mieder.

Wilhelm Pillmann 1803 - 1886(?)
Waldes Maienahnen

Will noch kein Zweig im Waldeshag
Mit frischem Grün mich lenzlich grüßen, -
Welch’ Lenzesgrüßen tausendfach
Auf Schritt und Tritt zu meinen Füßen!

Im Moos, im Busch, im Hagedorn
Rot, blau, weiß, golden seh’ ich’s funkeln
Von Anemonen, Lerchensporn,
Waldveilchen, Primeln und Ranunkeln.

Und über mir im Chore laut
Erklingt’s vom unbelaubten Ästlein:
Waldvögleins Lenzesgruß! Wie baut
Es emsig am bald fert’gen Nestlein.

In allen Gründen welch ein Blühn
Und welch ein Sang in allen Zweigen!
Nun muss das erste Maiengrün
Sich bald an Birk’ und Buche zeigen.

Der Lenz ist da; der Mai kommt bald!
O wunderselig Waldesmahnen,
Wenn dich, du hoher deutscher Wald,
Durchhaucht das erste Maienahnen!

*Quelle: Deutsche Gedichtebibliothek

Karl Ernst Knodt 1856 -1917
Frühling

Frühling...Eine ganze Welt
Träumt in diesem einen Wort.
Wunder ohne Wahl enthält
Dieser brausende Akkord.

Frühling...Hör ich diesen Laut,
Hallts im Herzen mir und blüht;
Ein beglänzter Himmel blaut
Ueber mir und im Gemüt.

Frühling ... Wie ein Glockenton
Klingst du über meinen Pfad,
Singst - woher dem Erdensohn
Einst der ewige Frühling naht.

Otto Baisch 1840 - 1892
Frühlingstag

Die Knospen schwellen an: Uferrain,
Es hüpfen die Quellen, es rauscht im Hain,
Sogar das welke, vertrocknete Reis,
Es treibt noch einmal, es blüht — wer weiß!

Willkommen, willkommen, o Frühlingstag
Mit Sonnenschimmer und Lerchenschlag,
Hoffnungsbeben und Jugendlust,
Willkommen, willkommen auch dieser Brust!

Der Schmetterling entpuppte sich kaum
Zum letzten, lieblichen Frühlingstraum;
Er lässt sich wiegen im linden Hauch
Von Blume zu Blume, von Strauch zu Strauch.

Und wenn im Westen die Sonne sinkt,
Wenn Abendröte das Taub durchblinkt,
Dann legt er sich nieder am Blütenhag: 
Fahr wohl, du fröhlicher Frühlingstag!

John Henry Mackay 1864 - 1933
Frühlingsnacht

Ich träume immer von den hellen Tagen.
Wie kommt es doch? Ist es nicht Nacht? Das Schlagen
Der Nachtigall im Wipfel drüben will
Nicht ruhen. Und ich halte lauschend still.

Ein Heimweh übermannte mich nach dir -
Und eine Sehnsucht nach verlorenen Nächten -
Und ein erinnern, immer wach in mir -
Und Schmerz und Angst – wer kann mit ihnen rechten?

Was fragt nach meinem Antlitz Ihr, dem blassen?
Die Nachtigall will mich nicht schlafen lassen!
Wie süß sie schlägt! Ich kann es nicht ertragen.
Ich will zu dir – um Alles dir zu sagen!

Wann? – Jetzt! – Wohin? – Ach, ich vergesse immer!
Daß längst in Asche sank des Feuers Schimmer -
- Die Nachtigall! Die ganze, lange Nacht
Hab ich mit ihr und sie mit mir durchwacht!

Else Galen-Gube 1869 - 1922
O Frühling

O Frühling, du bist ja an allem schuld,
an all dem Jubel der Lust,
dein Lenzesatem und deine Huld,
die raubten mir Ruhe, Vernunft und Geduld;
ich hatt es ja vorher gewußt …

O Frühling, du bist ein gefährlicher Wicht,
ein toller, ein wüster Gesell;
die Locken so goldig, so glänzend, so licht,
so sonnüberflutet dein Angesicht,
die Augen so leuchtend, so hell.

O Frühling, umfang mich mit all deiner Macht,
mit all deinem Sonnenschein
und trage auf heimlichen Schwingen der Nacht
das Glück und die Liebe und alle Pracht
in meine Kammer herein …

Ludwig August Frankl-Hochwart 1810 - 1894
An einen alten Stamm

Mit deinem blüthenüberschneiten
Und jugendlichen umgrünten Aste,
Gleichst du nicht einem fremden Gaste,
Geputzt mit Schmuck aus frühern Zeiten?

Du greiser Stamm, Lebenserprobter!
Du sahst so vielen Lenz verblassen,
Willst du das Blühen noch nicht lassen,
Noch immer nicht, du Sturmdurchtobter?

Den Göttern will ich freudig danken,
Wenn ich es einst gleich dir erfahre:
Bei weißem Blüthenschmuck der Jahre
Noch frische, grünende Gedanken.

Richard O. Koppin 1879 - 1939
Wiesengang

NUN hast die Stadt mit ihren engen Gassen
du rüstig schreitend hinter dir gelassen
und schaust der Landschaft froh ins Lenzgesicht.
Rings wird es freier, immer wiesenbunter,
Madonnen lächeln lieblich talhinunter,
in deine Seele schmiegt sich ein Gedicht...

Du stehst verträumt — und kannst das Glück kaum fassen. —
Der Abend winkt, und alle Farben blassen,
den Bergwald krönt ein letztes warmes Licht.
Nur hier und da ist noch ein Falter munter, —
dann geht die Sonne weich im Westen unter ...
Am Weg der Wandrer still sein Ave spricht.

Richard O. Koppin 1879 - 1939
Lenzlied

HOCH ausgehängt im Baumgeäst
kindkichern Knospen leise,
schon wagt aus erstem Frühlingsnest
sich liebestolle Weise.

Kastanie schwenkt mit Maimondhand
lichtlohe Feierkerzen,
Frau Wiese stickt ins Festgewand
sich bunte Blütenherzen.

Schelm Wind stülpt sich die Kappe auf,
wirft keck sich in die Weite
und stöbert alle Winkel auf,
als wär' er nicht gescheite.

Christian Wagner 1835 - 1918
Frühling im Wald

Und treten mich an im Haine,
Schön silbrig im Frühlingsscheine,
Windröslein mit mildem Grüßen,
So ist mir immer, als müssen
All meine durch Schuld verlornen,
Nun wieder durchs Lied gebornen,
Süßen, frommen
Glückstage auch wieder kommen.

Waldemar Bonsels 1880 - 1952
Morgen im Frühling

Komm zu mir herein,
Lieber Morgenschein,
Immer wieder. Noch einmal.
Süßer Hauch der Frühe!
Selig ohne Mühe,
Blühen Berg und Tal. -

Glaube, Seele, es gelingt,
Was der Vogel draußen singt.

Elisabeth Josephson 1858 - 1901
Des Kranken Frühling

Frühling, o wie bist du schön
Mit den frischen Matten,
Mit den lichtumkränzten Höh'n
Und der Täler Schatten.

Auf den weiten Auen blinkt
Heller Blütensegen,
Und im Lichtgewande winkt
Mir der Wald entgegen.

Frühling, ach, ich bin gebannt
In den dunklen Mauern,
Will um deinen holden Tand
Doch nicht lange trauern.

Denn ein Lenz ist mir erblüht
Still und klar tief innen,
Der mir nimmermehr verglüht,
Ob die Jahre rinnen.

Meine Augen schließe ich,
Daß an seiner Fülle
Meine tiefste Sehnsucht sich
Unerlöschlich stille.

Und dann schau ich froh und mild,
Frühling, dich vom Zimmer,
Grüße wie ein liebes Bild
Deinen fernen Schimmer.

Alfons Petzold 1882 - 1923
Der Frühling

Man weiß nicht, wie man lebt in diesen Tagen,
Die so voll Duft und neuer Sonne sind.
Man will die allergrößten Worte sagen
Und lallt nur wie ein frohbewegtes Kind.

Die Straße kommt dem Wanderer entgegen
Und alle grauen Meilensteine regen
Sich schlank wie Mädchen an dem grünen Rand
Der Wiesenschale, die im vollen Blühen
Die ganze Kraft der Erde will versprühen
Auf das besonnte Gottesland.

Und alle Bäume sind in sich versunken.
Des Glückes voll; und ganz von Liebe trunken
Durchträumen sie das wundersame Fest
Des Mutterwissens, das im Raum der Rinde
Sich sehnt nach seinem holden Blütenkinde
Im leise schaukelnden Geäst.

Ein Rausch der Schönheit hält den Sinn umfangen,
Wie eine Flamme will das Herz verglühn. -
Man glaubt, dass selbst die Telegraphenstangen,
Vielleicht schon morgen wie die Weiden blühn.

Adolf Pichler 1819 - 1900
Frühling

Zarte, rothe Mandelblüthen
Und das Blatt der Trauerweide
Grüßen dich zuerst im Frühling,
Wie die Freude mit dem Leide.
Bald schlägt auch im Haselbusche,
Auf das Aug' die Anemone
Und die blasse Primel neigt schon
Schüchtern Zu der Etsch die Krone.

Bruno Ertler 1889 - 1927
Blüten

Durch die Blütenzweige
Spielmann Frühling zieht,
hell von seiner Geige
springt ein Reigenlied.

Und ich hab' das Singen
dir ins Herz geküßt:
Drinnen mag es klingen,
wenn es Winter ist.

Bruno Ertler 1889 - 1927
Frühling

Tage kommen frohen Schrittes
liederhell mit lichtem Blick -
leicht in reichen Geberhänden
jede Stunde trägt das Glück.

Tage streuen milden Segen
aus der Blütenbäume Pracht
aus den Sonnensilberfäden
weben sie den Traum der Nacht.

Kind, so gehen alle Wunder
erdenher und himmelwärts
steh' nicht taub und drücke jede
schnelle Stunde an dein Herz!

Hermann Rollett 1819 - 1904
Frühling

Rosenschein und Blütenregen
Lacht von allen grünen Wegen,
Jede Blume, jeder Baum
Schwelgt in süßem Blütentraum.

Und es glüht das goldne Licht
Klar vom blauen Himmel wieder,
Und die Wolken senken nicht
Ihre feuchten Schwingen nieder.

Schwalben können wieder fliegen
Zu den wolkenlosen Räumen,
Und der Geist kann wieder träumen,
An des Himmels Brust zu liegen.

Peter Zirbes 1825 - 1901
Der Frühlingsmorgen im Freien

Auf Purpurflügeln schwebt aus gold'nen Hallen
Der junge Tag hervor,
Und Jubellieder ihm entgegen schallen
Vom frohen Lerchenchor.

In rotem Dufte schwimmen Wald und Wiesen,
Und schlängelnd durch das Tal,
In heller Glut die muntern Bächlein fließen
Im frühen Sonnenstrahl.

Der Blütenbaum beschneit die Silberquelle,
Von kühlem Weh'n durchhaucht;
Von Perlen blitzt das Laub, des Grases Welle,
Ins Morgengold getaucht.

Ja, Alles fühlt des Daseins Lust und Freude:
Die bunte Wiesenflur,
Der grüne Wald, das Blümlein auf der Heide, —
O, Schöpfer der Natur! 

Auch mich durchströmt ein frisches neues Leben,
Und freier schlägt die Brust;
O tausend Dank dem, der es mir gegeben,
Zu fühlen solche Lust! 

Johann Nepomuk Vogl 1802 - 1866
Frühlingsgruß

Frühling, Frühling, sei willkommen,
Sei willkommen uns aufs neu’,
Nun du wieder heimgekommen
Mit der alten Lieb’ und Treu’.

Schwing’ jetzt deine grünen Fahnen
Freudig wieder durch die Luft,
Dass dich die Getreuen ahnen,
Die noch schlummern in der Gruft.

Sende jetzt nach allen Winden
Deine muntern Sänger aus,
Heiß es Allen jetzt verkünden:
Dass du wieder sei’st zu Haus.

Gib die Botschaft allen Wellen,
Heiß’ es flüstern Strom und Fluss,
Und den Wolken gib, den hellen
An die Ferne deinen Gruß.

Dass sich jedes, dir zum Ruhme
Jetzt erfreu’, in Lust und Scherz,
Nenn’ es Baum sich oder Blume,
Vogel oder Menschenherz.

Johann Nepomuk Vogl 1802 - 1866
Frühlingswünsche

Mit den rosgen Lämmerwölkchen
Zog’ ich gern’ auf Wander aus,
Mit dem Falter möcht ich hangen
An dem Amaranthenstrauß.
Mit dem Zeisig möchte’ ich flattern
Durch der Zweige Blütenduft,
Mit der Lerche möcht’ ich steigen
Singend in die Morgenluft.
Durch die Gräser möcht’ ich schlüpfen
Lustig mit der Grille klein,
Und im Kelch der Tulpe schlafen
Mit Marienkäferlein.

Johann Nepomuk Vogl 1802 - 1866
Lenzgefühl

Süße Hyazinthendüfte,
Wolkengold und Morgenschein,
Frisches Grün auf Berg und Hügel
Alles, Alles ist ja mein!

Bunter Falter, Gaukelflüge,
Vogelsang so süß und rein,
Quellgeriesel, Blattgeflüster,
Alles, Alles ist ja mein!

Ach nur Flügel, rasche Flügel,
Und in’s offne Land hinein,
Über Berge, Täler, Flüsse,
Alles, Alles ist ja mein!

Hermann Rollett 1819 - 1904
Blütenzeit

Frühling sprach zum Röslein rot
Auf der grünen Haide:
Ach, du grämst dich wol zu tot,
Wenn ich von dir scheide.

Röslein sprach: O Frühling hold,
Wol hab ich dich gerne,
Liebe deiner Sonne Gold,
Deines Himmels Sterne.

Liebe deiner Lüfte Hauch,
Deiner Falter Kosen,
Doch im kühlen Herbste auch
Blühen noch die Rosen.

Und die Menschen sind ja gut
Lassen uns nicht sterben,
Pflegen uns in treuer Hut,
Daß wir nicht verderben.

Lieber Frühling, schweige still —
Ist nicht viel dahinter,
Wer vom Herzen blühen will,
Blüht auch noch im Winter!

Peter Zirbes 1825 - 1901
Frühlingsruf

Der Frühling kommt gezogen
Durchs bunte, grüne Tal;
In blauen Stromes Wogen
Erglänzt der Sonne Strahl.

Erwachet sind die Bäume;
Die Blütenknospe springt;
Es sprossen zarte Keime;
Der Chor der Vögel singt.

Und Blümlein, bunt von Farben,
Erblühen allerwärts.
Und du willst freudlos darben,
Du gramerfülltes Herz?

O lasse Harm und Grillen! —
Der uns den Frühling gab,
Wird all dein Leiden stillen,
Sei’s auch erst überm Grab.

Ein ew’ger Frühlingsmorgen
Blüht dem dort, der hier weint!
Drum weg mit trüben Sorgen,
Wenn mild die Sonne scheint!

Frieda Jung 1865 - 1929
Frühlingsfahrt

Überm Walde drüben
Ein blauer Duft.
Lerchen und pfeifende Stare
In sonniger Luft.

Aus schaukelnder Gräserwiege
Ein Veilchengesicht.
Anemonen und junge Saaten
Und Glanz und Licht.

Des Stromes kräuselnde Wellen,
Sie blitzen hell.
Die Rößlein, sie gehen im Trabe,
Mich dünkt, zu schnell!

Ich wollt, der Frühling selber
Käm' blütenbeschwert
Und stiege mit Lachen und Jauchzen
In unser Gefährt!

Und nähm' ein Band verstohlen
Lichtblauen Scheins
Und bände für immer, immer
Dein Herz an meins!

Emanuel Geibel 1815 - 1884
Im April

Du feuchter Frühlingsabend,
Wie hab′ ich dich so gern!
Der Himmel wolkenverhangen,
Nur hie und da ein Stern.

Wie leiser Liebesodem
Hauchet so lau die Luft,
Es steiget aus allen Talen
Ein warmer Veilchenduft.

Ich möcht′ ein Lied ersinnen,
Das diesem Abend gleich,
Und kann den Klang nicht finden,
So dunkel, mild und weich.

 

Friedrich Schiller 1759 - 1805
An den Frühling

Willkommen, schöner Jüngling!
Du Wonne der Natur!
Mit deinem Blumenkörbchen
Willkommen auf der Flur!

Ei! ei! da bist ja wieder!
Und bist so lieb und schön!
Und freun wir uns so herzlich,
Entgegen dir zu gehn.

Denkst auch noch an mein Mädchen?
Ei, Lieber, denke doch!
Dort liebte mich das Mädchen,
Und ’s Mädchen liebt mich noch!

Fürs Mädchen manches Blümchen
Erbettelt‘ ich von dir –
Ich komm und bettle wieder,
Und du? – du gibst es mir?

Willkommen, schöner Jüngling!
Du Wonne der Natur!
Mit deinem Blumenkörbchen
Willkommen auf der Flur!

*Quelle: https://www.friedrich-schiller-archiv.de/

Reinhold Fuchs 1858 - 1938
Lied des Sämanns

Vom Morgennebel dampft das Feld
Gleich einem Opferherde;
Im Frühwindhauche durch die Welt
Braust Gottes Wort: Es werde!

Hell blitzt der Tau am Heidewall,
Hoch jubeln Lerchenlieder,
Und golden rauscht der Körner Fall
Aus meiner Rechten nieder.

Wohl mögen Krieg und Wetterschlag
Die grünen Halme knicken,
Wohl mag den frohen Erntetag
Mein Auge nicht erblicken,

Doch reg ich rüstig Fuß und Hand; –
Was hilft das eitle Sorgen?
Und lächelnd schreitet übers Land
Mit mir der Frühlingsmorgen.

*Quelle: „Vom Reichtum der deutschen Seele" 
Ein Hausbuch deutscher Lyrik - hrsg. v. Georg Virnsberg,

Martin Greif (Friedrich Hermann Frey) 1839 - 1911
Aprilwetter

Sprühregen, drein die Sonne scheint,
Jetzt da und jetzt auch schon vorüber,
So kurz, wie wach der Säugling weint,
Er wendet sich und schlummert lieber.

Sprühregen! Jetzt der Himmel blau,
Und jetzt von Wolken überzogen,
Nun lachend über allem Grau
Im Wunderschein der Regenbogen.

*Quelle: https://www.mumag.de/

Martin Greif (Friedrich Hermann Frey) 1839 - 1911
April

Sonnengrüße, Wolkenschauer
Und, noch eh' sich's klären will,
Wiederum verhangne Trauer –
Herz, wie stimmst du zum April!

*Quelle: https://www.mumag.de/

Else Lasker-Schüler 1869 - 1945
Frühling

Wir wollen wie der Mondenschein
Die stille Frühlingsnacht durchwachen,
Wir wollen wie zwei Kinder sein.
Du hüllst mich in dein Leben ein
Und lehrst mich so wie du zu lachen.

Ich sehnte mich nach Mutterlieb
Und Vaterwort und Frühlingsspielen,
Den Fluch, der mich durchs Leben trieb,
Begann ich, da er bei mir blieb,
Wie einen treuen Feind zu lieben.

Nun blühn die Bäume seidenfein
Und Liebe duftet von den Zweigen.
Du mußt mir Mutter und Vater sein
Und Frühlingsspiel und Schätzelein
Und ganz mein eigen.

*Quelle: https://www.mumag.de/

Karl Ernst Knodt 1856 - 1917
Frühling

Frühling ... Eine ganze Welt
Träumt in diesem einen Wort.
Wunder ohne Wahl enthält
Dieser brausende Akkord.

Frühling ... Hör ich diesen Laut,
Hallts im Herzen mir und blüht;
Ein beglänzter Himmel blaut
Über mir und im Gemüt.

Frühling ... Wie ein Glockenton
Klingst du über meinen Pfad,
Singst – woher dem Erdensohn
Einst der ewige Frühling naht.

*Quelle: https://www.mumag.de/

Jean Paul (Johann Paul Friedrich Richter) 1763 - 1825
Ich sage euch

Ich sage euch, 's ist alles heilig jetzt,
Und wer im Blühen einen Baum verletzt,
Der schneidet ein wie in ein Mutterherz.
Und wer nur eine Blume pflückt zum Scherz
Und sie dann von sich schleudert sorgenlos,
Der reißt ein Kind von seiner Mutter Schoß.
Und wer dem Vogel jetzt die Freiheit raubt,
Der sündiget an eines Sängers Haupt,
Und wer im Frühling bitter ist und hart,
Vergeht sich wider Gott, der sichtbar ward.

*Quelle: „Vom Reichtum der deutschen Seele"
Ein Hausbuch deutscher Lyrik“ v. Georg Virnsberg

Karl Ernst Knodt 1856 - 1917
Er ists

Weisse, erwachte Kirschenbäume,
Dahinter ein Kranz frischrankender Lärchen,
Darüber ein Himmel voll blauer Träume –:
O Welt, o Herz! Ist das nicht der Frühling?

Und eine Seele, gestimmt zum Singen,
Und eine Sehnsucht, selig zum Sterben,
Und eine Liebe, reich zum Zerspringen –:
Herz, das ist der wahrhaftige Frühling!

*Quelle: https://www.mumag.de/

Isolde Kurz 1853 - 1944
Frühlingslied

Lieblich im Lenzeshauch
Baden die Glieder,
Seele, der Schmetterling,
Löst sein Gefieder.
Hoch bis zur Sonne
Schwillt mir das Herz,
Ach, und die Wonne
Mischt sich mit Schmerz.
Möchte zum Himmelsblau
Jubelnd mich heben,
Möcht' in der grünen Au
Wurzeln und kleben,
Möcht' in den Gluten
Schmelzend vergehn,
Still mich verbluten
An Sehnsuchtswehn.

Kannst nicht zum Himmelsblau
Jubelnd dich heben.
Sollst nicht in grüner Au
Wurzeln und kleben,
Aber dies Dehnen,
Weltenumfangen,
Liebendes Sehnen
Am nächsten zu hangen,
Schwanken und Beben,
Jubel und Schmerz,
Das ist dein Leben,
O Menschenherz.

*Quelle: https://www.mumag.de/

Peter Hammerschlag 1902 - 1942
Technischer Frühling

Mein Motorrad grast froh am Rain.
Der Frühling kommt. Die Stoppuhr schlägt.
Ich sehe wie ein Bäuerlein
Den Dampf-Pflug flott geschultert trägt.

Halb schüchtern naht ein Hanomag
Und küßt mein Rad auf beide Pneus ...
Die Platte trillert Lerchenschlag.
(Gespielt von den Jack-Hylton-Boys.)

Die Schwalben hocken in der Luft.
Der Telegraphendraht ist fort.
Lautsprecher nach dem Weibchen ruft.
Die Schnecken treiben Schnellkriechsport.

Im Himmel sitzt zur Stunde wohl
Der liebe Gott, so sanft und nett
Im sternbesäten Overall
Vor seinem großen Schalterbrett ...

Wir wollen fröhlich tun und spieln
Mit Tönen, Wellen, Stahl und Strahl.
Wenn wir uns dann verzweifelt fühln,
So hilft er uns wohl noch einmal ...

*Quelle: https://www.mumag.de/

Rainer Maria Rilke 1875 - 1926
Ein Frühlingswind

Mit diesem Wind kommt Schicksal; laß, o laß
es kommen, all das Drängende und Blinde,
vor dem wir glühen werden –: alles das.
(Sei still und rühr dich nicht, daß es uns finde.)
O unser Schicksal kommt mit diesem Winde.

Von irgendwo bringt dieser neue Wind,
schwankend vom Tragen namenloser Dinge,
über das Meer her was wir sind.

.... Wären wirs doch. So wären wir zuhaus.
(Die Himmel stiegen in uns auf und nieder.)
Aber mit diesem Wind geht immer wieder
das Schicksal riesig über uns hinaus.

*Quelle: https://www.mumag.de/

Rainer Maria Rilke 1875 - 1926
Frühling ist wiedergekommen

Frühling ist wiedergekommen. Die Erde
ist wie ein Kind, das Gedichte weiß;
viele, o viele.... Für die Beschwerde
langen Lernens bekommt sie den Preis.

Streng war ihr Lehrer. Wir mochten das Weiße
an dem Barte des alten Manns.
Nun, wie das Grüne, das Blaue heiße,
dürfen wir fragen: sie kanns, sie kanns!

Erde, die frei hat, du glückliche, spiele
nun mit den Kindern. Wir wollen dich fangen,
fröhliche Erde. Dem Frohsten gelingts.

O, was der Lehrer sie lehrte, das Viele,
und was gedruckt steht in Wurzeln und langen
schwierigen Stämmen: sie singts, sie singts!

*Quelle: https://www.mumag.de/

Kurt Tucholsky 1890 - 1935
Der Lenz ist da!

Das Lenzsymptom zeigt sich zuerst beim Hunde,
dann im Kalender und dann in der Luft,
und endlich hüllt auch Fräulein Adelgunde
sich in die frischgewaschene Frühlingskluft.

Ach ja, der Mensch! Was will er nur vom Lenze?
Ist er denn nicht das ganze Jahr in Brunst?
Doch seine Triebe kennen keine Grenze –
dies Uhrwerk hat der liebe Gott verhunzt.

Der Vorgang ist in jedem Jahr derselbe:
man schwelgt, wo man nur züchtig beten sollt,
und man zerdrückt dem Heiligtum das gelbe
geblümte Kleid – ja, hat das Gott gewollt?

Die ganze Fauna treibt es immer wieder:
Da ist ein Spitz und eine Pudelmaid –
die feine Dame senkt die Augenlider,
der Arbeitsmann hingegen scheint voll Neid.

Durch rauh Gebrüll läßt sich das Paar nicht stören,
ein Fußtritt trifft den armen Romeo –
mich deucht, hier sollten zwei sich nicht gehören …
Und das geht alle, alle Jahre so.

Komm, Mutter, reich mir meine Mandoline,
stell mir den Kaffee auf den Küchentritt. –
Schon dröhnt mein Baß: Sabine, bine, bine …
Was will man tun? Man macht es schließlich mit.

*Quelle: https://www.gedichte7.de/

Kurt Tucholsky 1890 - 1935
Nicht! Noch nicht!

Ein leichter Suff umnebelt die Gedanken.
Verdammt! Der Frühling kommt zu früh.
Der Parapluie
steht tief im Schrank – die Zeitbegriffe schwanken.

Was wehen jetzt die warmen Frühlingslüfte?
Ein lauer Wind umsäuselt still
mich im April –
die Nase schnuppert ungewohnte Düfte.

Du lieber Gott, da ist doch nichts dahinter!
Und wie ein dicker Bär sich murrend schleckt,
zu früh geweckt,
so zieh ich mich zurück und träume Winter.

Ich bin zu schwach. Ich will am Ofen hocken –
die Animalität ist noch nicht wach.
Ich bin zu schwach.
Laternenschimmer will ich, trübe Dämmerung und dichte Flocken.

*Quelle: https://www.mumag.de/

Kurt Tucholsky 1890 - 1935
Frühling

Lenz! Dich hätten wir beinah vergessen!
Frisch und kühn
sprießt inmitten dem Randal indessen
junges Grün.

Blätter stecken ihre zarten Spitzen
hastend aus.
wie sie schmuck auf ihren Ästen sitzen!
Feucht und kraus!

Und sie sehen: Bunte Tumultanten!
Militär!
Sehen wildgewordene Adjutanten –
Welch ein Heer!

Und sie sehen: Grad die falschen Leute
packts Gericht.
Doch die großen Diebe … Heute?
Heute nicht.

Und die jungen Blätter blitzen
Und sie denken sich: Was mag das sein?
Könnten sie, sie zögen ihre Spitzen
schleunigst wieder ein –!

*Quelle: https://www.gedichte7.de/

Selma Meerbaum-Eisinger 1924 - 1942
Frühling

Sonne. Und noch ein bisschen aufgetauter Schnee
und Wasser, das von allen Dächern tropft,
und dann ein bloßer Absatz, welcher klopft,
und Straßen, die in nasser Glattheit glänzen,
und Gräser, welche hinter hohen Fenzen
dastehen, wie ein halbverscheuchtes Reh…

Himmel. Und milder, warmer Regen, welcher fällt,
und dann ein Hund, der sinn- und grundlos bellt,
ein Mantel, welcher offen weht,
ein dünnes Kleid, das wie ein Lachen steht,
in einer Kinderhand ein bisschen nasser Schnee
und in den Augen Warten auf den ersten Klee…

Frühling. Die Bäume sind erst jetzt ganz kahl
und jeder Strauch ist wie ein weicher Schall
als erste Nachricht von dem neuen Glück.
Und morgen kehren Schwalben auch zurück.

*Quelle: https://www.gedichte7.de/

Hermann Löns 1866 - 1914
Alle Birken grünen

Alle Birken grünen in Moor und Heid,
Jeder Brahmbusch leuchtet wie Gold,
Alle Heidlerchen dudeln vor Fröhlichkeit,
Jeder Birkhahn kullert und tollt.

Meine Augen, die gehen wohl hin und her
Auf dem schwarzen, weißflockigen Moor,
Auf dem braunen, grünschäumenden Heidemeer
Und schweben zum Himmel empor.

Zum Blauhimmel hin, wo ein Wölkchen zieht
Wie ein Wollgrasflöckchen so leicht,
Und mein Herz, es singt sein leises Lied,
Das auf zum Himmel steigt.

Ein leises Lied, ein stilles Lied
Ein Lied, so fein und lind,
Wie ein Wölkchen, das über die Bläue zieht,
Wie ein Wollgrasflöckchen im Wind.

*Quelle: https://www.gedichte7.de/

Erich Mühsam 1878 - 1934
Frühling

Das Fell der Erde schäumt in Wellen.
Aus Bäumen und aus Schollen quellen
des Frühlings Knospen auf wie Gischt. -
Dröhnt, Fluten - zischt!

Schlagt an die Dünen meiner Brust!
Treibt Frühlingsgrün aus meinen dürren Hängen!
Macht Leid zu Lust
und meine Liebe zu Gesängen!

*Quelle: https://www.gedichte7.de/

Cäsar Flaischlen 1864 - 1920
Sonnenkraft

Und immer wieder sinkt der Winter
und immer wieder wird es Frühling
und immer immer wieder stehst du
und freust dich an dem ersten Grün
und wenn die kleinen Veilchen blühn,
und immer wieder ist es schön
und macht es jung und macht es froh,
und ob du's tausendmal gesehn:
wenn hoch in lauen blauen Lüften
die ersten Schwalben lustig zwitschern ...
immer wieder ... jedes Jahr ...
sag, ist das nicht wunderbar?!

Diese stille Kraft der Seele:
immer neu sich aufzuringen
aus dem Banne trüber Winter,
aus dem Schatten grauer Nächte,
aus der Tiefe in die Höhe ...
sag, ist das nicht wunderbar?!
diese stille Kraft der Seele,
immer wieder
sich zur Sonne zu befrein,
immer wieder stolz zu werden,
immer wieder froh zu sein.

*Quelle: https://gedichtsuche.de/

Richard Dehmel 1863 - 1920
Der Frühlingskasper

Weil nun wieder Frühling ist,
Leute,
streu ich butterblumengelber Kasper
lachend
lauter lilablaue Asternblüten
hei ins helle Feld!

Lilablaue Astern, liebe Leute,
Astern
blühn im deutschen Vaterland bekanntlich
bloß im Herbst.

Aber Ich, ich butterblumengelber Kasper,
streue,
weil nun wieder heller Frühling ist,
tanzend
tausend dunkelblaue Asternblüten
hei in alle Welt!

*Quelle: https://gedichtsuche.de/

Friedrich Rückert 1788 - 1866
Der Jasminstrauch

Grün ist der Jasminenstrauch
abends eingeschlafen.
Als ihn, mit des Morgens Hauch,
Sonnenlichter trafen,
ist er schneeweiß aufgewacht,
"Wie geschah mir in der Nacht?"
Seht, so geht es Bäumen,
die im Frühling träumen!

*Quelle: https://gedichtsuche.de/

Wolfgang Borchert 1921 - 1847
Abendlich tönet Gesang

Abendlich tönet Gesang ferner Glocken,
lächelnd versinkt voll Frühling ein Tag.
Über das eigene Lied scheu erschrocken,
verstummte die Amsel mitten im Schlag.
Und in dem Regen, der nun begann,
fing leise die Erde zu atmen an.

*Quelle: https://gedichtsuche.de/

August Heinrich Hoffmann von Fallersleben 1798 - 1874
Der Frühling hat sich eingestellt

Der Frühling hat sich eingestellt;
Wohlan, wer will ihn sehn?
Der muss mit mir ins freie Feld,
Ins grüne Feld nun gehn.

Er hielt im Walde sich versteckt,
Dass niemand ihn mehr sah;
Ein Vöglein hat ihn aufgeweckt;
Jetzt ist er wieder da.

Jetzt ist der Frühling wieder da!
Ihm, folgt, wohin er geht,
Nur lauter Freude, fern und nah,
Und lauter Spiel und Lied.

Und allen hat er, groß und klein,
Was Schönes mitgebracht,
Und sollt's auch nur ein Sträußchen sein,
Er hat an uns gedacht.

Drum frisch hinaus ins freie Feld
ins grüne Feld hinaus
Der Frühling hat sich eingestellt
wer bliebe da zu Haus?

*Quelle: https://gedichtsuche.de/

Max Dauthendey 1867 - 1918
Die Amseln haben Sonne getrunken

Die Amseln haben Sonne getrunken,
aus allen Gärten strahlen die Lieder,
in allen Herzen nisten die Amseln,
und alle Herzen werden zu Gärten
und blühen wieder.
Nun wachsen der Erde die großen Flügel
und allen Träumen neues Gefieder;
alle Menschen werden wie Vögel
und bauen Nester im Blauen.
Nun sprechen die Bäume in grünem Gedränge
und rauschen Gesänge zur hohen Sonne,
in allen Seelen badet die Sonne,
alle Wasser stehen in Flammen,
Frühling bringt Wasser und Feuer
liebend zusammen.

*Quelle: https://gedichtsuche.de/

Max Dauthendey 1867 - 1918
Bäche zittern silber

Bäche zittern silbern,
Gräser glittern und nicken,
Und weiße Anemonen
Blicken zum blauen Himmel.
Ich ging in jungen Gräsern
Mit meinem weichsten Schritt,
Die Amsel hat gesungen,
Und mein Herz sang mit.

*Quelle: https://gedichtsuche.de/

Theobald Nöthig 1841 - 1925
Wenn ich der Tauwind wär

Wenn ich der Tauwind wär!
Dann braust' ich wohl von Berg zu Tale
Und linderte die harte Not,
Und hauchte warm im Frühlingsstrahle
Auf bleiche Wangen frisches Rot.

Wenn ich der Tauwind wär!
Ich tilgte rauhe Winterspuren
Und wehte mild in jedes Herz,
Ließ Hoffnung sprießen auf den Fluren
Und aus den Grüften allerwärts.

Wenn ich der Tauwind wär!
Ich trocknete der Armut Zähren
Im dumpfen schmalen Hüttenraum
Und würde neuen Trost gewähren
Durch blütenreichen Frühlingstraum.

Wenn ich der Tauwind wär!
Ich brächte als verwünschte Gäste
Mit Donnergruß und Sturmesschritt
In alle Kirchen und Paläste
Die milden freien Lüfte mit.

Wenn ich der Tauwind wär
Und hätte weit in alle Lande
Der Liebe Samenkorn gestreut
Und in dem unfruchtbaren Sande
Den Reim getrieben und erneut,

Dann fachten meine leichten Schwingen
Des Pfingstgeists heiligen Flammenschein
Und läuteten mit hellem Klingen
Den ewigen Völkerfrieden ein, —
Wenn ich der Tauwind wär!

*Quelle: https://gedichte.xbib.de/

Theobald Nöthig 1841 - 1925
Ob sich wohl ein Lenzlied lohnt?

Ob sich wohl ein Lenzlied lohnt? —
Lieber laß ichs bleiben!
Besser als der Wonnemond
Kann ichs doch nicht schreiben.

Singt der Mai mir nicht ins Ohr:
„Schöpfe aus dem vollen!
Haben kommt mir klüger vor,
Als das Beste wollen.

Wahre dir den Jugendtraum,
Nutz die Blütentage,
Sorge nicht, ob einst der Baum
Dir auch Früchte trage.

Laß an Duft und Schein und Klang
Selig  dir genügen,
Atme all den Schöpferdrang
Ein mit vollen Zügen.

In des Glückes Gunst gibt oft
Ausschlag  die Minute,
Wer nur Besseres erhofft,
Der versäumt das  Gute!"

*Quelle: https://gedichte.xbib.de/